Mittwoch, 21. November 2007

Antwort Nicola Beer, FDP

Am Mittwoch, den 14.11.2007 habe ich diese Antwort von Nicola Beer, FDP, erhalten:

Sehr geehrter Herr Beck,

vielen Dank für die Zusendung Ihrer Fragen, die ich Ihnen gerne beantworte. Selbstverständlich dürfen Sie meine Antworten in Ihrem Blog veröffentlichen, wenn Sie mir im Gegenzug gestatten, Ihre eMail und meine Antworten darauf auf der Internetpräsenz der FDP Hessen darzustellen.

Hier meine Antworten:



1. Wo haben Sie sich in den letzten vier Jahren als Abgeordnete für die Belange von Bildenden Künstlerinnen und Künstlern eingesetzt?



Die FDP steht für einen offenen Kunst- und Kulturbegriff. Der Staat soll keine Ausdrucksform der Kunst vorgeben oder bevorzugen.

Insofern gilt mein Engagement allen Kunst- und Kulturschaffenden gleichermaßen, mithin auch Bildenden Künstlern. Mit einer Anzahl von Initiativen habe ich mich mit dem Stand der Kunst- und Kulturförderung in Hessen beschäftigt. In meiner Position als Abgeordnete werden immer wieder Anfragen von einzelnen Künstlern oder Initiativen an mich herangetragen. Auch hier konnte ich in den letzten vier Jahren zahlreiche Erfolge verbuchen und mich erfolgreich für diese Menschen einsetzen.

Mein besonderes Engagement gilt der künstlerisch kulturellen Nachwuchsbildung und –förderung von Kindesbeinen an bis zur Hochschule. Die FDP tritt nicht nur dafür ein, den Unterricht an den hessischen Schulen in den künstlerisch-ästhetischen Fächern auszuweiten und zu verbessern, sondern wir streben auch an, die Anzahl der Jugendkunstschulen zu erhöhen. Darüber hinaus unterstützen wir Künstler-Stipendien ebenso wie Kunst-Preise und setzen uns für eine angemessene Finanzierung unserer Kunsthochschulen ein.



2. Im Hessischen Landeshaushalt 2006 Kapitel 15 50 Förderprodukt 1 sind gerade mal 29.000 Euro für Künstlerinnen und Künstler ausgewiesen. Wie erklären Sie diese außerordentlich niedrige Summe? Haben Sie jemals dazu Stellung bezogen?


Die ausgewiesenen 29.000 Euro für Künstlerinnen und Künstler sind in der Tat eine niedrige Summe. Indes muss der Haushalt als Ganzes betrachtet werden. Die Kunstförderung ist nicht nur im Kapitel 15 50 etatisiert, sondern es gibt eine Anzahl weiterer Fördertitel. Beispielhaft darf ich Ihnen die Förderung Sektion Bundesrepublik Deutschland der internationalen Gesellschaft der Bildenden Künste anführen, die im Kapitel 04 etatisiert ist. Ebenso finden sich Kunstförderungen in anderen Kapiteln.


Zusätzlich erhalten bildende Künstler in erheblichem Umfang insofern Steuermittel, als viele oberste Landesbehörden, insbesondere das Hessische Ministerium für Kunst, aber auch die Staatskanzlei oder der Landtag regelmäßig Kunstwerke ankaufen. Hierfür kommen namentlich die bildenden Künstler in Betracht. Sie werden weiterhin durch zahlreiche Möglichkeiten unterstützt, ihre Werke in den entsprechenden Institutionen auszustellen und so das Interesse eines breiten Publikums zu wecken. Ebenfalls in diesen Bereich fällt die große Anzahl von Preisen, die von staatlichen Stellen ausgeschrieben oder zumindest finanziert werden.

Schließlich findet sich die Künstlerförderung auch in den kommunalen Haushalten. In erster Linie handelt es sich hierbei nämlich nicht um eine Aufgabe des Landes. Die Kulturpolitik ist primär Sache der Städte und Gemeinden.

Gleichwohl strebt die hessische FDP an, in der nächsten Legislaturperiode nach Möglichkeit den Anteil der Kunst- und Kulturförderung am Gesamthaushalt von 0,8 Prozent wieder auf 1 Prozent zu erhöhen; dieser Stand war letztmalig erreicht worden, als die FDP mit der Ministerin Ruth Wagner noch das Ressort Wissenschaft und Kunst verantwortet hat.



3. Nach Kapitel 15 50 Förderprodukt 2 werden die Theater dagegen mit 6.605.000 Euro bezuschusst. Ist das ästhetisch zu rechtfertigen? Leisten die Theater mehr als die Bildenden Künstler?



Wie bereits geschrieben, findet sich die Förderung der Bildenden Kunst an unterschiedlichen Stellen des Haushaltsentwurfs. Die Förderung von Kunst und Kultur geschieht nicht unter ästhetischen Gesichtspunkten. Dadurch wäre der Willkür Tür und Tor geöffnet.


Die FDP lehnt es ab, unterschiedliche künstlerische Ausdrucksformen gegeneinander abzuwägen oder gar in eine Hierarchie zu stellen. Erst recht halte ich wenig davon, einzelne Kunst- und Kultursparten gegeneinander auszuspielen.



Dass die Theater vergleichsweise so hoch gefördert werden, ist auf den strukturellen Unterschied zwischen Theatern und Bildenden Künstlern zurückzuführen. Wie Sie wissen, unterhält das Land Hessen drei Staatstheater, in dessen Besitz es aus historischen Gründen ist. Hier ist eine Vielzahl von Menschen angestellt. Es dürfte jedoch in Niemandes Interesse sein, wenn das Land auch einen Staatskünstler unterhielte. Zudem sind die Produktionskosten in Theatern wesentlich höher, als die Kosten der meisten Bildenden Künstler. Zumal sind im Theater nicht nur die dargebotenen Stücke Kunst, sondern auch die Darbietung, das Schauspiel, ist künstlerische Ausdrucksform. Insofern ist es vergleichbar, dass das Land Hessen sowohl Künstler fördert, als auch Staatsmuseen unterhält und eine Vielzahl von Ausstellungen durchführt oder unterstützt.



Insofern gehe ich hier nicht von einer Differenz aus, bei der sich darüber streiten ließe, ob sie „ästhetisch zu rechtfertigen“ sei oder nicht. Es handelt sich auch nicht um eine Frage nach einer Mehrleistung, die die Theater verglichen mit den Bildenden Künstlern erbringen, sondern es liegt eben eine andere – ebenso wichtige – Leistung vor.



Ich verbleibe mit freundlichen Grüßen,



Nicola Beer





Nicola Beer, MdL
Schlossplatz 1-3
65183 Wiesbaden
Tel: 0611/350-577
Fax: 0611/350-570
www.fdp-hessen.de

3 Kommentare:

sbog hat gesagt…

Sehr geehrte Frau Beer,

vielen Dank für Ihre ausführliche Antwort. Die Idee unseren kleinen Schriftwechsel auch auf Ihrer Internetseite zu veröffentlichen finde ich ausgezeichnet. Bitte verfahren Sie, wie Sie möchten.

Sie sprechen von "Initiativen" und "Erfolgen". Könnten Sie mir vielleicht die Quellen dazu nennen? Das hat sich doch sicherlich im Internet irgendwo niedergeschlagen. Ansonsten können Sie mir gerne Dokumente im Anhang zuschicken.

Natürlich ist es mir nicht entgangen, daß das Land Hessen auch an anderer Stelle Kunst fördert. Ich habe allerdings das Kapitel 15 50 Förderprodukt 1 hervorgehoben, weil es eine besondere Möglichkeit für Künstler darstellt von sich aus aktiv zu werden. Die übrigen Fördermassnahmen sind thematisch und formal of sehr eingeschränkt.

Sie in ihrer Gesamtheit zu überblicken, erscheint mir nicht ganz einfach. Hier würde ich mir mehr Übersichtlichkeit wünschen. Das müsste eigentlich im Internet möglich sein.

Was das von mir angesprochene Verhältnis der Förderung von Theatern und Bildender Kunst angeht, so halte ich eine explizite Abwägung für ausserordentlich notwendig. De facto existiert sie sowieso.

Ich meine, als Politikerin sind sie der Öffentlichkeit Erklärungen schuldig, warum Sie was unter welchen Kriterien fördern.

Daß Bühnen einen gewissen technischen Apparat benötigen, will ich gerne verstehen. Warum es aber angestellte Ensemblemusiker und Schauspieler geben soll, scheint mir schon fraglich.

Noch bedenklicher kommt mir die Tatsache vor, daß es fast gar keine künstlerischen Projekte gibt, die eine institutionelle Förderung erhalten. Wie sie z.B. freie Theater bekommen. Das ist doch Kapitel 15 50 Förderprodukt 2? Die Staatstheater kommen ja noch zusätzlich dazu.

Mir jedenfalls erscheint die Vorstellung eines Staatskünstlers für keineswegs abwegig.

Mit freundlichen Grüssen
Stefan Beck

sbog hat gesagt…

Sehr geehrter Herr Beck,

vielen Dank für Ihr Antwortschreiben und die Genehmigung, Ihre Fragen und meine Antworten auf unserer Internetpräsenz zu veröffentlichen.

Sie fragen nach meinen Initiativen und Erfolgen. Einen wesentlichen Teil der Initiativen, auf die ich rekurriere, finden Sie in der Tat im Internet. Soweit es sich um parlamentarische Initiativen handelt, sind sie über das Landtagsinformationssystem, erreichbar unter

http://starsrv.intern.hessen.de/starweb/LIS/Parlamentsdatenbank.htm?Pd_Eingang.htm,

verfügbar. Zudem können Sie eine Anzahl weiterer Anstöße, die ich in der vergangenen Legislaturperiode gegeben habe, anhand der Pressemitteilungen, die Sie unter www.fdp-hessen.de finden, nachvollziehen.

Soweit ich von Erfolgen spreche, meine ich zum Beispiel, dass ich durch persönliche Gespräche oder Schreiben Gelegenheit hatte, einzelnen Initiativen oder Künstlern zu Fördermitteln zu verhelfen. Dabei meine ich nicht nur klassische staatliche oder sogar Landesförderung, sondern auch die Vermittlung von Künstlerförderungen durch Stiftungen oder private Mäzene.

Sie heben das Förderkapitel 1550, Förderprodukt 1, des Haushalts hervor und beklagen die thematische und formale Eingeschränktheit übriger staatlicher Fördermaßnahmen. Hier kann ich Ihnen nicht zustimmen. Wenn beispielsweise von einzelnen Ministerien Stipendien an Künstler vergeben werden oder die Möglichkeit gewährt wird, in unseren Partnerregionen mit anderen Künstlern zusammen zu arbeiten, handelt es sich nach meinem Verständnis eher um sehr liberale Förderansätze. Indes stimme ich Ihnen zu, dass Fördermöglichkeiten des Haushaltes nicht die übersichtlichsten sind. Während wir Liberalen uns auch dafür eingesetzt haben, den Haushalt in seiner jetzigen Form aufzusetzen, stelle ich mir dennoch eine bessere Beratung der Kulturschaffenden in Hessen über bestehende Fördermöglichkeiten, seien sie vom Staat, seien sie von Privaten vor. Als Idealbild schwebte mir eine so genannte One-Stop-Agency vor, die jedoch aufgrund der Vielfalt künstlerischen Schaffens und der thematischen Überschneidungen zu zahlreichen anderen Gebieten kaum zu realisieren sein wird.

Weiterhin halten Sie eine explizite Abwägung zwischen Theatern und bildender Kunst für erforderlich. Sie schreiben, als Politikerin sei ich der Öffentlichkeit Erklärungen schuldig, warum was unter welchen Kriterien gefördert wird. In dem letztgenannten Punkt stimme ich Ihnen zu. Abgesehen davon, dass ich als Oppositionspolitikerin auf die Haushaltsaufstellung leider nur geringen Einfluss habe, trifft es dennoch zu, dass ich den Haushalt - wie alle anderen 110 Landtagsabgeordnete - mitverantworte, obwohl ich dagegen gestimmt habe und auch mit der FDP-Fraktion den Haushalt 2008 ablehnen werde. Insofern bin ich auch gerne und jederzeit bereit, die zugrunde liegenden Schwerpunktentscheidungen, sobald ich sie beeinflussen konnte, darzulegen. Nach wie vor kann ich Ihnen aber nicht darin zustimmen, dass zwischen Theatern und bildender Kunst abzuwägen ist. Das bedeutete nämlich letztlich eine Wertentscheidung, mit der man eine von beiden Ausdrucksformen der anderen überordnet. Das liegt mir jedoch fern. Im Gegenteil meine ich, jede Form von Kunst sei grundsätzlich als gleichwertig zu erachten.

Schließlich halten Sie es für bedenklich, dass es "fast gar keine künstlerischen Projekte gibt, die eine institutionelle Förderung erhalten". Hierin kann ich Ihnen nicht zustimmen. Im Gegenteil treten meine Fraktion und ich dafür ein, generell weg von institutionellen Förderungen hin zu Projektförderungen zu kommen. Durch institutionelle Förderungen werden nämlich statische Abhängigkeiten geschaffen, wo Projektförderungen zum Wettbewerb und immer neuen Innovationen führen, weil sie eben regelmäßig auf der Grundlage neuer Ideen gewährt werden.

Ich hoffe, Ihre Fragen beantwortet zu haben und verbleibe

mit freundlichen Grüßen

Nicola Beer

sbog hat gesagt…

Sehr geehrte Frau Beer,

erlauben Sie mir nochmals auf den letzten Absatz Ihrer zurückliegenden Korrenpondenz einzugehen:


> Schließlich halten Sie es für bedenklich, dass es "fast gar keine künstlerischen Projekte gibt, die eine institutionelle Förderung erhalten". Hierin kann ich Ihnen nicht zustimmen. Im Gegenteil treten meine Fraktion und ich dafür ein, generell weg von institutionellen Förderungen hin zu Projektförderungen zu kommen. Durch institutionelle Förderungen werden nämlich statische Abhängigkeiten geschaffen, wo Projektförderungen zum Wettbewerb und immer neuen Innovationen führen, weil sie eben regelmäßig auf der Grundlage neuer Ideen gewährt werden.


Ich meine, Sie, die Politik, sollten zuerst Qualität fördern.

Und dazu bedarf es einer Vielzahl flexibler Maßnahmen, nicht nur das starre Entwederoder von Projekt- und institutioneller Förderung.

Solange keine Studien vorliegen, kann ich genausogut argumentieren, daß die Projektförderung langfristiges Engagement erschwert.

Sehen Sie sich mal die Situation in Frankfurt an. Wer immer noch für sich eine Chance im Kunstbetrieb sieht, geht nach Berlin.

Ich habe allein in den letzten zwei Jahren mehr als 20 KollegInnen verloren. Es waren vor allem die aktiven und engagierten. Die, die sich für Kunst und Kultur abseits der Institutionen eingesetzt haben.

Die Überlegungen sind in der Regel recht einfach. Warum sich unter Bedingungen der Projektförderung in Frankfurt engagieren, wenn sie das gleiche in Berlin bei einem attraktiveren Umfeld und niedrigeren Lebenshaltungskosten auch haben können?

Natürlich trifft das zuerst Frankfurt, aber warum sollte es von Seite des Landes Hessen keine Impulse geben?

Meiner Vorstellung nach sollten engagierten Personen und Projekten Perspektiven eröffnet werden. Man könnte mit einer Projektförderung beginnen, und dann schrittweise und abgestuft Förderpläne anbieten, auf zwei, drei bis fünf Jahre.

Aber letztlich sollten die KünstlerInnen selbst entscheiden können, wie sie gefördert werden wollen. Das wäre ein Anliegen, dem Sie sich als Liberale nicht verschliessen sollten.


Mit freundlichen Grüssen
Stefan Beck

P.S.
Anbei ein kleiner Ausschnitt aus der FAZ. Aus Anlass der Verleihung des Maria Sibylla Merian Preises.

Ich finde es skandalös für das Land Hessen, Künstlerinnen zu ehren, die hier schon nicht mehr arbeiten und leben wollen.